Judith über Socke

Socke fiel mir gleich am ersten Tag in Köln-Ostheim auf.

Der hübsche Schäferhund-Mischling stellte sich beim Anblick von Besuchern im Tierheim an den Gittern seines Zwingers auf und angelte mit seinen Pfoten hindurch, als wenn er einen festhalten und nicht vorbeigehen lassen wollte. Die Helfer im Tierheim erzählten mir, dass er aus schlechter Haltung beschlagnahmt worden sei und in dem ersten Tierheim, in dem er gelandet war, als “bissig und gefährlich” eingestuft sogar getötet werden sollte. Hier galt er nur als “temperamentvoll”.
Ich war gleich von ihm fasziniert. Aber mit ihm spazieren zugehen gestaltete sich zunächst etwas kompliziert. Denn betrat ich seinen Zwinger, so verbiss er sich aus wilder Vorfreude über den bevorstehenden Gang in die Leine und zerrte daran herum. Mit Anleinen war da nichts zu machen. Also musste ein Trick angewandt werden: Socke bekam ein Spielzeug, das er sofort aufschnappte und konnte nun an die Leine genommen werden. Sobald die Zwingertür aufging, flogen wir als Hund-Mensch-Gespann heraus und in wildem Galopp ging es durch das Tierheim in den Park. Und dann zeigte sich sein wahres Temperament: Rennen, spielen, toben! Das war seine Welt. Und der Gassigang war ihm immer zu kurz. Wenn ich den jungen Hund wieder in seinen Zwinger zurückbrachte, ableinte und ihm zum Trost ein Abschiedsleckerchen geben wollte, war er empört und protestierte laut bellend und am Gitter hochspringend “Das kann doch noch nicht alles gewesen sein!”.
Aber die anderen Hunde wollten ja auch noch Gassi gegangen werden. Es tat mir in der Seele weh, ihn jedesmal dort zurück zu lassen.

Eigentlich wollte ich noch keinen neuen Hund, nachdem ich meinen alten erst kurz vorher verloren hatte. Aber Socke´s sehnsüchtigen Augen hielt ich nicht lange stand. Was die anderen Tierheim-Mitarbeiter schon lange wussten und mit Bemerkungen wie “der ist sowieso bald bei dir” zum Ausdruck brachten, dämmerte mir nach ein paar Wochen dann auch langsam: ich hatte mich längst für diesen Hund entschieden. Aus einem vorerst geplanten Test-Wochenende wurde dann der Kompletteinzug in meine Wohnung, weil es gleich prima klappte, und seitdem ist jeder Tag mit Socke schöner als der vorherige. Und was im Tierheim überhaupt nicht festzustellen gewesen war: Er ist eine absolute Schmusebacke! Dieser sensible, verspielte und lernbegierige Hund ist einfach nur liebenswert! Und keine Spur gefährlich. Nur manchmal – da überkommt es uns – toben wir ganz ganz wild miteinander. Und ich ertappe mich dabei, wie ich mit meinem Hund auf dem Boden ringend herumrolle, ihm spielerisch in den Halskragen beiße, während er meine Pulliärmel um ein vielfaches verlängert, und wir uns “ganz tief grummelnd” anknurren. Das alles aber immer mit einem verliebten Augenzwinkern. Und wenn Socke schläft, meine ich manchmal ein breites Grinsen auf seinem Gesicht zu erkennen.